20.9.2019 In: Medien- und Presserecht

OLG Düsseldorf erlaubt Namensnennung von Gauland-Mitarbeiter.

Das OLG Düsseldorf hat in einem Hinweisbeschluss angekündigt, eine Klage eines ehemaligen Bundestagsmitarbeiter des AFD-Fraktionsvorsitzenden Gauland abzuweisen. Der Mann war mit Hilfe einer notorischen AFD-Anwaltskanzlei gegen alle Medien vorgegangen, die namentlich über seine Tätigkeit für Alexander Gauland berichtet hatten.
Bis auf die taz haben sich die Medien dem Mann gefügt. Die taz hat in erster Instanz verloren, das OLG Düsseldorf hat jetzt angekündigt, der taz recht zu geben: Der Mann war in seiner Jugendzeit von 1999 bis 2004 Mitglied der später verbotenen rechtsradikalen HDJ (Heimattreuen Deutschen Jugendverband) und hatte dort eine Funktion übernommen, die für die Koordinierung der technischen Dienste in den von der HDJ ausgerichteten Jugendlager übernommen.
Das OLG führt dazu aus:

„[…] verdient im Rahmen der Gesamtabwägung das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über den Kläger mit individualisierenden Angaben der Vorrang. Für die Abwägung ist bedeutsam, ob die Berichterstattung allein der Befriedigung der Neugier des Publikums dient oder ob sie einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet und die Presse mithin ihre Funktion als "Wachhund der Öffentlichkeit" wahrnimmt. Letzteres hat die taz getan. … Gauland ist eine Person, dem die Öffentlichkeit schon aufgrund seiner hervorgehobenen Funktionen als Vorsitzender der AfD-Fraktion des Bundestags und als Vorsitzender der Partei der AfD ein gesteigertes Interesse entgegenbringt. ..Gauland wirkt zudem aufgrund seiner großen medialen Präsenz in Funk und Fernsehen an der öffentlichen Meinungsbildung intensiv mit. Allein deshalb ist es für die Öffentlichkeit von Interesse, zu erfahren, von welchen Personen als wissenschaftlichen Mitarbeitern sich … Gauland für die Inhalte oder die Abfassung seiner Debattenbeiträge zuarbeiten lasst. Da zudem bereits im Zeitpunkt des Erscheinens des streitgegenständlichen Online-Artikels in der breiten Öffentlichkeit eine politische Debatte darüber geführt worden ist, ob sich die AfD von rechtsextremen Bewegungen hinreichend abgrenzt oder ob sie besser vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollte, ist es für die Öffentlichkeit von erheblichem Interesse gewesen, zu erfahren, ob ...Gauland oder andere AfD-Politiker Mitarbeiter beschäftigen, die eine rechtsextreme Vergangenheit aufweisen. Es bestand auch ein nachvollziehbares Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit daran, zu den betroffenen Mitarbeitern individualisierende Angaben zu erhalten, um so die Glaubhaftigkeit dieser Berichte besser einordnen zu können, da im Zeitpunkt der Berichterstattung der Beklagten bereits über andere Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten mit einer rechtsextremen Vergangenheit berichtet worden war, etwa über den in der HDJ an führender Stelle tätig gewesenen Bruder des Klägers …... In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz etwa ein Jahr später nach einer Überprüfung aller offen zugänglichen Informationen am 08.03.2019 nur die Teilorganisationen der AfD „Der Flügel“ und die „Junge Alternative“ wegen gewichtiger Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen zu Verdachtsfällen erhoben hat.“

Die Entscheidung ist von herausragender Bedeutung für die Berichterstattung über die AfD und ihre Bundestagesmitarbeiter: Aus dem Bundestag fließen auf diese Weise große Summen in rechtsradikale Strukturen. Gegen die von verschiedenen Medien aufgenommene Berichterstattung ist von verschiedenen AfD-Mitarbeitern unter Zuhilfenahme der stets gleichen Anwaltskanzlei mit einschüchternden presserechtlichen Unterweisungen, Abmahnschreiben und einstweiligen Verfügungen vorgegangen worden, und zahlreiche Medien haben sich von der Berichterstattung abhalten lassen.

Jony Eisenberg